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You got me there

Aktualisiert: 5. Juni

Ich habe mich dabei erwischt, wie ich unreflektierte Machtdynamiken reproduzieren. Oder besser gesagt, Teilnehmer*innen eines Workshops haben mich dabei erwischt und dadurch bin ich darauf aufmerksam geworden.


Mit der Rolle "the one brave enough to ask all the stupid questions" (vgl. Stengers, I. (2010). Cosmopolitics (Vol. 1). Minneapolis: University of Minnesota Press.) wollten Anne und ich eine Rolle einführen, die den Lernprozess verlangsamt und die Möglichkeit hat, Marginalisierungen, versteckte Barrieren und Machtdynamiken aufzudecken. Die Person hat die Aufgabe durch verständnisfragen zu irritieren und nimmt grundsätzlich nichts als gegeben an.


Als wir unseren Workshop Practice for the Future auf der DDCON25 in Bozen gegeben haben, hat die Person diese Rolle so sehr verkörpert, dass mein ADHS-Gehirn und ich total vergessen haben, dass es die Rolle überhaupt gibt. Immer, wenn die Person Rückfragen gestellt hat, habe ich gedacht: "Hab ich doch gerade erklärt." Meine Ungeduld ist Zeugnis meiner Ergebnisorientiertheit in diesem Fall, obwohl ich mir selbst ankreide, den Prozess in den Fokus zu rücken. Und, obwohl ich mich als Facilitator partizipativer Prozesse sehe. Trotzdem war die Verlangsamung irritierend und auch störend in meinem Kopf. In diesem Moment viel es mir schwer, die Hoheit über und Gestaltung des kollaborativen Prozesses zu teilen. Gleichzeitig habe ich aber die Aufgabe als Facilitator, alle mitzunehmen, damit es eben eine Chance für tatsächliche Pertizipation gibt


Retrospektiv denke ich: Wow! Wie krass gut ist diese Person und wie toll hat they diese Rolle ausgeführt? Obwohl unsere Intention war, die Rollen in einer Art Theaterspiel zu rehearsen, hat die Person die Rolle bereits verkörpert, ausgeübt, praktiziert (Rehearsed Practice). Währenddessen muss ich mir eingestehen, dass ich Machtdynamiken und v.A. das Erkennen und Sehen dieser, noch rehearsen muss. Ich bin dankbar, dass ich darauf hingewiesen wurde und entdeckt zu haben, was auf meiner Bühne geprobt wird.



2 Kommentare


ac ab
ac ab
17. Okt.

Vielen Dank für die Mühe, die in diesen Artikel geflossen ist. Die Qualität ist hervorragend. Das Lesen hat mich daran erinnert, wie wichtig es ist, proaktiv nach Antworten zu suchen, anstatt im Ungewissen zu bleiben. Diese proaktive Haltung führte mich kürzlich zu der Frage: Wie kann ich descobrir se sou autista? Ich fand eine sehr seriöse Webseite, die einen wissenschaftlich fundierten Fragebogen anbietet. Es war ein wichtiger Schritt für mein Selbstverständnis, den ich gerne teile.

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t ht
t ht
14. Okt.

Dieser Beitrag ist wirklich erstklassig und von hoher Relevanz. Er hat mich daran erinnert, dass viele Erwachsene, insbesondere Frauen, jahrelang mit unerkanntem ADHS kämpfen. Ein niederschwelliges Screening auf adultes ADHS kann ein Augenöffner sein und der Beginn einer Reise zu mehr Selbstverständnis und den richtigen Hilfsstrategien. Die Möglichkeit, dies online zu tun, ist eine enorme Erleichterung.

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